Der Sonnenaufgang war vom Wohnmobil aus schön anzusehen, wir haben aber noch ein bisschen Schlaf drangehängt und sind erst recht spät nach einem ausgiebigen Frühstück von unserer Site auf dem Murphy’s Camping on the Ocean gefahren.
Die Küstenstraße entlang kommt man nach kurzer Zeit an den Provincial Park Taylor Head Beach und es lohnt sich absolut, die fünf Kilometer lange Schotterpiste dorthin unter die Räder zu nehmen. Der Strand ist toll und an diesem Vormittag war er auch beinahe menschenleer. Wer Strände mag, ist hier richtig. Wir haben ausgiebig die Füße im Atlantik gebadet, sind ein ganzes Stück den Strand entlang gewandert und haben uns schweren Herzens wieder getrennt, weil wir ja noch den Besuch in Sherbrooke geplant hatten.
Hier an der East Coast von Nova Scotia die Küstenstraße zu fahren, lohnt sich sehr. Wir hatten auch noch traumhaftes Wetter und so sind wir von einem tollen Ausblick auf den Atlantik, Strände und vorgelagerte Inselchen zum nächsten gefahren. Wer das Meer mag oder besser: Wer Küsten mag, wird sich hier sehr wohl fühlen.
In Sherbrooke angekommen, haben wir noch Mückenspray besorgt. Wir hatten zwar ein tatsächlich wirkungsvolles Mittel von zu Hause mitgebracht, das würde aber höchstens noch für ein oder zwei Tage reichen und so haben wir uns mit OFF! eingedeckt, dem Mittel unserer Wahl, wenn wir in Kanada unterwegs sind.
Sherbrooke Historical Village
Am Rand des kleinen Orts liegt das Sherbrooke Historical Village, das ich bereits vor drei Jahren bei einem Besuch im Rahmen eines sogenannten Fam-Trips als Canada Specialist kennenlernen durfte. Allerdings hatten wir damals wie alle anderen Ziele der Reise alles nur im Schnelldurchlauf erleben dürfen und ich wollte mir das liebevoll restaurierte Dorf noch mal in Ruhe ansehen. Die Schmiede, die noch aktiv ist und in der zwei Schmiede neben Dingen für das Dorf auch Auftragsarbeiten herstellen, die Häuser, Läden und Werkstätten mit ihren Details und den Bewohnern des Ortes, die einen mit Kostümen und Geschichten aus der Zeit in die Vergangenheit versetzen. In der Bootswerkstatt war sogar ein »old old guy«, der tatsächlich im Dorf aufgewachsen war und bis 1945 in der dortigen Einraumschule unterrichtet wurde und vom Lachsfang auf dem Fluss noch aus erster Hand berichten konnte. Ich hätte ihm stundenlang zuhören können.
Drei Jahre zuvor hatte ich im Dorf einen der leckersten Kuchen überhaupt gegessen und auch das wollte ich als Dessert nach einem angemessenen Hauptgericht gern wiederholen. Leider hatten wir uns aber entschieden, den Besuch im Café an das Ende unseres Besuchs zu legen und haben erst viel zu spät realisiert, wie lange wir schon in der Vergangenheit unterwegs waren und dass uns dabei die Gegenwart zeitlich etwas aus dem Ruder gelaufen war. So war es dann nichts mehr mit dem Essen und nach einer Runde durch den Gift-Shop am Ende sind wir aufgebrochen Richtung Campground für die Nacht. Wer die Zeit hat, sollte sich unbedingt noch die Sägemühle ansehen, zu der man vom Dorf aus noch ein Stück fahren muss. Ich habe sie schon in Betrieb gesehen und war beeindruckt davon, wie diese uralte Technik noch so effektiv funktioniert.
Salsman Provincial Park
Wir hatten uns als Unterkunft für die zweite Nacht der Tour den Salsman Provincial Park ausgesucht. Das ist einer der Parks in Nova Scotia, der Self Registration hat, also findet man dort an der Einfahrt in der Regel niemanden, bei dem man sich für die Campsite registriert. Die Self Registration läuft in Nova Scotia aber anders ab als in den Provincial Parks in British Columbia. Hier gibt es keine typischen »first-come, first-served«-Plätze, sondern alles läuft über ein zentrales Registrierungssytem. Man kann Sites online reservieren oder vor Ort einchecken. Letzteres passiert dann online nach einer Anleitung, die man im Park oder auf der Website der Provincial Parks findet, oder man nutzt ein Telefon, das man am Eingang findet und an dem einem ein Operator eine Site zuteilt bzw. die ausgewählte Site bestätigt und die Zahlungsdaten abfragt.
Wir hatten uns bereits morgens eine Site im Park ausgesucht und reserviert. So hatten wir einen schönen Platz sicher und konnten uns den Rest in Ruhe vor Ort ansehen, falls wir es auf einem anderen Platz noch brauchten. Die Reservierung kostet neun Dollar zusätzlich zum Preis der Campsite. Meckern kann man da nicht.
Auf den 45 Kilometern zwischen Sherbrooke und dem Salsman Provincial Park hatten wir noch einen unvorhergesehenen Stopp. Zwar hätte ich es beim aufmerksamen Blick auf die Karte sicher sehen können, mir war aber entgangen, dass wir auf der Strecke eine Fähre haben. Realisiert haben wir das erste, als das erste Schild ankündigte, dass die Straße in 500 Metern endet. Problematisch war das natürlich nicht.
Die Wartezeit haben wir mit einem Plausch mit zwei Motorradfahrern verbracht, die ebenfalls auf gleiche Weise überrascht wurden und nun sehr amüsiert darüber waren, dass sie gar nichts gewonnen hatten, als ich sie ein paar Kilometer vor der Fähre vorbeigewunken hatte. Die beiden waren mit einer Harley und einer Indian unterwegs und hatten von Ohio aus schon etliche Kilometer (nach ihnen natürlich Meilen) zurückgelegt und hatten auch noch einige vor sich.
Die Fähre fährt alle halbe Stunde und braucht nur wenige Minuten für die Überfahrt. Unterwegs habe ich mich noch kurz mit dem Kassierer (die Überfahrt kostet sieben Dollar pro Fahrzeug) unterhalten und den Tipp bekommen, im Salsman Provincial Park nach einer Site auf der Insel zu fragen. Genau da haben wir auch reserviert (Site 24) und wurden so bestätigt, alles richtig gemacht zu haben. Zudem hat er uns vor einem ordentlichen Umweg bewahrt. Ich war aus einem unerfindlichen Grund der Meinung, dass ich nach der Fähre rechts weiter zur Küste fahren müsse. Stattdessen lag der Salsman Provincial Park etwa zehn Kilometer weiter im Landesinnern, also nach links. Wer weiß, wie lange ich gefahren wäre, bis ich diesen Fehler realisiert hätte.
So sind wir nach wenigen Minuten am Park angekommen, haben uns am Eingang noch mit Feuerholz (fünf Dollar für ein Bündel) und Eiswürfeln (zweieinhalb Dollar für einen Beutel) versorgt und sind weiter zu unserer Site gefahren. Und was soll ich sagen – die war wirklich traumhaft: Riesengroß, komplett grasbewachsen und mit Ausblick auf den Fluss. Zudem waren die benachbarten Sites alle frei, sodass wir völlige Ruhe hatten.
Wir haben ein schönes Feuer angemacht, darauf Steak und Lachs gegrillt und nebenbei noch einen wunderschönen Sonnenuntergang beobachten dürfen, bevor sich ein Sternenhimmel zeigte, von dem man in Deutschland wegen der Lichtverschmutzung nur träumen darf. Leider schaffe ich es trotz etlicher Versuche noch nicht, davon vernünftige Fotos zu machen, die die Realität auch nur annähernd wiedergeben. Aber die Reise ist noch lang und ich gebe die Hoffnung nicht auf.