Die nächsten Tage stehen im Zeichen des Cabot Trails und der Nordspitze von Cape Breton: Meat Cove.
Die ersten Kilometer auf dem Cabot Trail hatten wir am Vortag schon gefahren und nun ging es weiter in nördlicher Richtung gegen den Uhrzeigersinn. Ich kannte den Cabot Trail – zumindest weite Teile davon – schon von einer früheren Reise, allerdings nur als Mitfahrer und bei teilweise starkem Nebel. Oftmals war damals nicht mehr als ein Stück Straße und wenige Meter rechts und links zu sehen. Umso mehr freute ich mich darauf, die Strecke selbst zu fahren, bei hoffentlich viel besserer Sicht. Spoiler: Das hat nur teilweise funktioniert.
Neils Harbour
Vom Broad Cove Campground aus sind wir dem Cabot Trail nach Norden gefolgt. Die ersten Kilometer ging es an der Küste entlang und schon nach recht kurzer Zeit haben wir den Cabot Trail nach rechts verlassen, um einen kurzen Abstecher nach Neils Harbour zu machen. Unten am schnuckeligen Hafen steht ein kleiner Leuchtturm und nebenan findet sich das Chowder House, in dem man sich sicher hervorragend verköstigen lassen kann. Wir waren dafür etwas früh und haben nur einen Kaffee mitgenommen für die weitere Strecke.
Auf dem Parkplatz am Chowder House stand ein ausgebauter Ford Transit (der auch schon großzügig und geschickt ausgebaute Van Conversion von Fraserway). Ich habe daraufhin noch unser Wohnmobil geholt, das ich vorher unten im Hafen geparkt hatte. Mit dem Ziel, den Größenunterschied gut zeigen zu können, habe ich unseren SVC („Super Van Camper“ von CanaDream) neben den Transit gestellt. Freunde, denen ich gesagt hatte, dass wir im Wohnmobil durch Kanada fahren, hatten die Vorstellung, dass es sich um etwas ähnliches wie einen ausgebauten Van handeln könnte. Ich denke, das Bild illustriert ganz gut, dass es sich hier um ganz andere Fahrzeugklassen handelt.
Von Neils Harbour aus führt der Cabot Trail in nordwestlicher Richtung weiter. Ziemlich genau am nördlichsten Punkt haben wir ihn dann auch schon wieder verlassen und sind auf die Bay St. Lawrence Road abgebogen. Unser Ziel für diesen Tag liegt nämlich gar nicht direkt auf dem Cabot Trail und auch außerhalb des Nationalparks.
Eine etwas längere Pause haben wir im Cabots Landing Provincial Park gemacht. Parkplatz und den riesigen Sandstrand hatten wir fast für uns. Wie wunderschön doch dieser Flecken Erde ist. Fast hätten wir die Weiterfahrt noch mehr aufgeschoben und unsere Pause noch verlängert. Was uns davon abgehalten hat, war nur die sehr geringe Anzahl der nicht reservierbaren Stellplätze auf dem Campground am Tagesziel.
Meat Cove
Schon lange war es mein Ziel, einmal ein paar Nächte auf diesem Campground fast am nördlichsten Punkt von Cape Breton zu verbringen: auf dem Meat Cove Campground. Der Campground und liegt an einem Stück der Steilküste in der gleichnamigen Bucht.
Die letzten Kilometer sind nicht mehr asphaltiert. Bei gutem Wetter kein Problem und man kann auch mit großen Fahrzeugen diese Route problemlos fahren. Da kennen wir ganz andere Strecken und ich wundere mich, dass viele ausgerechnet vor dieser Straße so einen großen Respekt haben. Mit der nötigen Ruhe und Umsicht sehe ich hier keine große Herausforderung. Wenn die Strecke nass ist, wie wir es zwei Tage später auf der Rückfahrt hatten, muss man natürlich noch etwas vorsichtiger vorgehen, insbesondere bei den steilen Passagen. Wenn man mit einem so schweren Gefährt erst mal ins Rutschen kommt, wird es sonst schnell ungemütlich.
Bei der Ankunft hatten wir traumhaftes Wetter und dass wir uns auf dem Weg dorthin nicht allzu viel Zeit gelassen hatten, hat sich ausgezahlt: Wir hatten beinahe freie Auswahl, was den Stellplatz angeht.
Die Stellplätze selbst sind spartanisch: Es ist hier nur eine Wiese mit mehr oder weniger ebenen Abschnitten, auf denen man sich einrichten kann. Feuerstellen bestehen aus einem Steinkreis und es gibt die typischen Picknicktische in sehr einfacher Ausführung. Aber mehr braucht es auch nicht. Alles andere haben wir ja dabei.
Was absolut nicht spartanisch ist, ist die Aussicht. Wir haben uns einen Platz direkt am Rand gesucht. Und obwohl es schon ein leicht komisches Gefühl war, wenige Meter vom Rand der Klippe zu rangieren, bis man so halbwegs in der Waage steht, hat es sich voll rentiert. Vor unserem Fahrzeug – und damit unser Ausblick, wenn wir aus der Tür schauen – war nur noch die Bucht.
Nachdem wir uns eingerichtet hatten, war eigentlich das Ziel, an diesem Tag noch ein bisschen in der Bucht mit dem Kayak zu fahren. Leider wurden uns keine Kayaks vermietet, da für später schlechtes Wetter angesagt war. Das hat zwar meine Wetter-App nicht gemeldet (und es ist auch nicht eingetreten), aber die Vorsicht verstehe ich natürlich. Als Vermieter kann man das Können der Mieter nicht so leicht einschätzen und wenn dort zwei deutsche Touristen ankommen, kann man eher ein bisschen zu vorsichtig sein, als dass man später noch mit dem Boot raus muss, um die Anfänger weit draußen vom Wasser oder aus dem Wasser zu holen.
Wir sind dann nur so noch runter an den Strand auf eine Zigarre und ein Bier und ein paar Fotos mit unseren kleinen Begleitern. Die Wellen, die hier am Kiesstrand lecken, verursachen im Zusammenspiel mit den Kieseln eine Art singendes Klackern. Ein sehr beruhigendes Geräusch, an das wir uns noch gern erinnern.
Wir haben uns direkt für zwei Nächte eingebucht, weil wir dieses idyllische Plätzchen nutzen wollten, um ein bisschen zur Ruhe zu kommen. Das hat auch perfekt funktioniert. Dass uns ein hübscher roter, kuschelbedürftiger Kater für diesen Tag als seine Familie ausgesucht hat, hat nicht nur zur Erholung beigetragen, sondern auch geholfen, dass wir unsere eigenen Katzen, die zuhause anderweitig betreut wurden, nicht zu sehr vermissen.
Am Abend haben wir nach dem Essen (gegrillte Steaks von der Feuerstelle direkt an der Klippe) noch die Site-Nachbarn zu uns eingeladen. Ein tolles Paar aus New Hampshire. Die beiden konnten kaum glauben, dass wir so lange Zeit haben, um Nova Scotia kennenzulernen, während sie mit seinem Golf GTI (ein eher seltenes Fahrzeug hier) jeden Tag einige Kilometer abreißen mussten, um voranzukommen. Dementsprechend waren sie natürlich auch nur für eine Nacht vor Ort. Wir haben einige Stunden zusammengesessen und hatten wirklich tolle Gespräche bei Wein und Whisky am Feuer mit Blick auf die nächtliche Bucht. Das sind die Abende, die allein schon den Aufwand und die Kosten für solch eine Reise rechtfertigen.
Von dem Paar haben wir aber auch von einem tragischen Vorfall erfahren, der sich wenige Tage vorher ereignet hatte: Ein Motorradfahrer, der seine Campsite ebenfalls ganz außen, aber auf einem tiefergelegenen Stück hatte, ist bei der Anfahrt zu seiner Campsite auf dem nassen Gras beim Bremsen ins Rutschen gekommen und über den Rand der Klippe gestürzt. Er hat sich dabei wohl schwer verletzt und es hat Stunden gedauert, bis er vom Wasser aus erreicht werden konnte. Von oben gab es keine Möglichkeit zur Rettung. Wir wissen nicht, wie die Geschichte ausgegangen ist und können nur hoffen, dass er sich erholen konnte. Der Respekt vor der Klippe ist bei mir danach nur noch größer geworden.
Am nächsten Tag sind wir bei tollem Wetter den Overlook Trail gelaufen. Der führt mit ein paar Höhenmetern zu einem Felsen nördlich vom Campground mit Blick auf die See, auf die Bucht und vor allem auf einige verschiedene Pods von Pilotwalen, die wir von dort aus hervorragend beobachten konnten. Zwar ein ganzes Stück weit draußen und daher selbst mit meinem Teleobjektiv nicht gut zu fotografieren, trotzdem ein tolles Erlebnis. Wir schätzen, dass es in Summe ca. 80 Wale waren, die wir an diesem Tag gesehen haben.
Auch später von der Campsite aus hatten wir noch einige Wale direkt in der Bucht gesehen und mehrere Weißkopfseeadler, die dort kreisten. Uns wurden aber leider wieder keine Kayaks vermietet, obwohl auch an diesem Tag das Wetter bis zum Nachmittag wunderbar war.
Zum Campground gehört noch die Chowder Hut, ein Restaurant mit Plätzen drinnen und auch draußen auf der Terrasse mit tollem Ausblick. Das Essen dort ist gut, wenn auch nicht herausragend im Vergleich zu anderen Lokalen, die wir auf der Tour vor- und nachher besucht haben. Aber die Auswahl an Lokalen ist hier oben ja auch begrenzt.
Am Nachmittag setzte dann Regen ein, der teils sehr stark war und in der Nacht kam auch noch ordentlicher Wind hinzu, der mich noch kurz daran zweifeln ließ, ob es wirklich so eine gute Idee war, sich so nah an den Rand der Klippe zu stellen. Aber bis auf einiges an Wasser, das über den hinteren Slideout durch Wind und Schräglage ins Fahrzeug gedrückt wurde, ist nichts weiter passiert. Gut, dass Smartphones mittlerweile nicht mehr so empfindlich gegen ein kleines Bad sind.
Insgesamt war es ein denkwürdiger und toller Aufenthalt und der für uns bisher spektakulärste Stellplatz für unser Wohnmobil.